Donnerstag, 5. Januar 2012

Rückblick auf Christoph Blochers Karriere

Während die bekanntlich SVP-nahe Wochenzeitung Weltwoche gerade genüsslich die weihnachtliche Saure-Gurken-Zeit mit einer essigsauren Kampagne gegen Nationalbankpräsident Hildebrand zu füllen versuchte, blickte der Tages-Anzeiger ebenso bitterböse auf den Verschleierungs-Coup des Jahres zurück: Blochers mit Hilfe des offensichtlich als Strohmann agierenden Airline-Gründers Moritz Suter gut getarnte Übernahme der Basler Zeitung. Trotz aller Raffinesse ist allerdings zuletzt doch noch öffentlich geworden, was alle eh längst vermutet hatten: Blocher will Einfluss auf die Medien ausüben. Um die bitterböse Rückschau noch abzurunden, lieferte der Tages-Anzeiger-Artikel gleich noch Blochers Werdegang vom mausarmen Pfarrerssohn zum Multimillinär dazu: Blocher - der Profi
Eine interessante Lektüre für alle, die am Stammtisch oder sogar in Zeitungskommentaren von sich geben, Blocher sei dumm - mit Verlaub, sowas ist ein absoluter Schwachsinn. Blocher mag ab und zu dumme Sprüche machen, wenn er damit bei seinen Wählern zu punkten hofft, aber dumm ist der Mann nicht, sondern im Gegenteil hochintelligent, zielorientiert und und er weiss seine Intelligenz auch sehr erfolgreich für seine Ziele einzusetzen. Das Kunststück, aus der kleinsten Partei der traditionellen Vier-Parteien-Koalition und einigen rechten Splittergruppen die grösste Partei zusammen zu schmieden, soll ihm erst einmal einer nachmachen.
Dass ihn eine Mehrheit des Parlamentes vor vier Jahren als Bundesrat abgewählt hat und er kürzlich auch bei der Volkswahl in den Ständerat (kleine Parlamentskammer) abgeblitzt ist, spricht nicht wirklich gegen diese Einschätzung. Wer in der Schweizer Politik zu sehr über das Mittelmass hinausragt wird bekanntlich aus Prinzip fast reflexartig abgestraft. Blocher ist also Opfer seines eigenen Erfolgs geworden - und "Opfer" einer demokratischen Tradition, in der mehr instinktiv als bewusst nach der Maxime gehandelt wird, dass Demokratie nicht primär dazu dient, geniale Lösungen zu finden, sondern vor allem dazu, Machtmissbrauch von einzelnen genialen Menschen und Gruppen zu unterbinden.
Dass dabei oft die zweit- und drittbesten Lösungen und nicht wirklich berauschende Kompromisse herauskommen, mag Intellektuelle nerven - aber sie sollten sich damit trösten, dass kein anderes politisches System die genialsten Attacken auf das Gemeinwohl besser verhindern kann - was letztlich für das Gemeinwohl erfahrungsgemäss der wichtigere Punkt ist.
Oder wie Churchill schon sagte: «No one pretends that democracy is perfect or all-wise. Indeed, it has been said that democracy is the worst form of government - except all those other forms that have been tried from time to time.»

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen