Samstag, 8. März 2014

SVP als Totengräber der Direkten Demokratie

... und die Beihilfe der 'kopflosen' Europaturbos
Tagesanzeiger-Artikel 'Die kopflosen 49,7%'
Die SVP gibt vor, die traditionellen Werte der Schweiz zu verteidigen, pflegt dabei aber sowohl in der "Arena" des Schweizer Fernsehens (sämtliche SVP-Schlachtrosse) wie auch in den deutschen Talkshows (Dauergast Köppel) konsequent den grob-lauten Poltikstil, der kennzeichnend für die europäischen Demokratien nach Regierungs-Oppositions-Schema ist und zerstört dabei systematisch eben jene Politkultur des Kompromisses und der Konsensfindung, die für die Direkte Demokratie unverzichtbar ist (am Ende braucht es bei einem Referendum nämlich eine breite Mehrheit, nicht 50,3 gegen 49,7 %, sonst fehlt die demokratische Legitimierung ...)
Umgekehrt finden die Europaturbos von links-grün bis neoliberal weder eine "Vision mit Fleisch am Knochen" noch eine Figur, die diese Vision der Bevölkerung auch glaubhaft vermitteln könnte. Wie wollen diese Kräfte - bei einem solch eklatanten Kommunikationsdefizit - nach dem von ihnen angestrebten EU-Beitritt ernsthaft "Teilhabe und Mitbestimmung" ausüben? (vgl. Tagesanzeiger-Artikel 'Die kopflosen 49,7%') Dazu noch ohne zu wissen - und vor allem: ohne wissen zu wollen, weshalb ihnen die Hälfte der Bevölkerung nicht mal beim halben Weg (Bilaterale Abkommen) bedingungslos folgen will.
Und wo bleibt bei den Euroturbos die Einsicht, dass man in der Schweiz nur erfolgreich Abstimmungen gewinnen kann, wenn man der Bevölkerung erstens klare, nachvollziehbare und realistische Konzepte präsentiert (statt bloss wolkigen Visionen "ohne Hand und Fuss") und zweitens auch durch verlässliche und wiederum nachvollziehbar-glaubhafte Absprachen (hier zwischen links-grünen und wirtschaftsliberalen Politikern) die faire Umsetzung garantiert.
Die SVP zieht ihr Ding mit viel (vor allem ausländischem) Medienecho durch, scheitert aber bei der Mehrheit der Volksabstimmungen über ihre Initiativen (wobei die Initiative ja grundsätzlich die schweizerische Form der ausserparlamentarischen Opposition ist, weil sie nämlich immer dann zum Einsatz kommt, wenn die Urheber der Initiative im Parlament ihre Anliegen nicht durchbringen).
Die Links-Grünen und die Neoliberalen verwechseln Politik (res publica: die öffentliche Sache - also das was man zum Wohl der Allgemeinheit analysieren, anpacken und vernünftig regeln müsste) mit Dauerwahlkampf-Rhetorik und weigern sich beharrlich, der destruktiven SVP-Polterei mehrheitsfähige Kompromisse entgegen zu setzen.
Wenn die schweizerische Classe Politique konsequent so weiter macht, dann wird in einigen Jahren das System der Direkten Demokratie nicht mehr funktionieren. Man wird dann der SVP dazu gratulieren können, die Schweiz europatauglich gemacht zu haben - nämlich bereit für eine Parlamentarische Demokratie mit ausserparlamentarischer Opposition und unterhaltsamen verbalen TV-Schlägereien statt ermüdend-trockenen Sachdiskussionen. Dann kann die Schweiz ihren "Sonderfall" aufgeben, zu den Konditionen der EU dieser beitreten, die Linken und Grünen im Europaparlament die Menschenrechte bereden lassen und das Führungspersonal der schweizerischen FDP zu den EU-Ministertreffen schicken, um die neoliberale Agenda mit abzusegnen.

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